Über Töpfer- bzw. Pillenwespen und die letzten Sommer

In Deutschland kommen sieben Arten der zu den Solitären Faltenwespe gehörenden Gattung Eumenes vor. Ihre deutschsprachige Sammelbezeichnung als Töpferwespe oder Pillenwespe begründet sich durch die „Töpfchen“ aus Lehmgemisch, auch Urnen genannt, die sie als Brutzellen für ihre Nachkommen an hölzerne oder steinerne Untergründe kleben.
In diesem Sommer sah ich bisher kaum Töpferwespen im Garten, und wenn, ‚Murphy’s Law‘ gemäss ausser Reichweite und hoffnungslos gegenlichtig an den höchstgelegenen Blüten des Fenchels. Das jüngste und einzige gelungene Foto konnte ich am 25. August 2020 beim Anflug an den Schmetterlingsflieder Buddleja davidii erwischen:

2020-08-25 LüchowSss Garten Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) + Töpferwespe bzw. Pillenwespe (Eumenes spec.)

Das schwarzgelbe Insekt ist auf dem aktuellen Bild 1 aus einer anderen Perspektive zu sehen, doch glich es Eumenes coronatus auf dem Foto > vom 6. September 2019. Diese Art fliegt von Mai bis September in sonnigem, offenem Gelände und versorgt ihre Brut mit Raupen, vor allem von Spannern. Die Raupen werden mit einem Stich gelähmt und dem Ei in der ca. 10 mm durchmessenden Urne beigegeben, dann wird diese verschlossen und sich selbst überlassen. Ab dem Schlüpfen werden die Vorräte während etwa einer Woche aufgezehrt. Das unverpuppte Larvenstadium endet jedoch erst, wenn es nach dem Winter wieder wärmer wird, dann folgt die Puppenphase.

2019-09-06 LüchowSss Garten Töpferwespe (Eumenes coronatus) auf Schmetterlingsflieder

Im vorigen Jahr hatte ich, genau wie diesen Sommer, nur ein einziges Mal Gelegenheit zu einem erkennbaren Foto, die Wespen von der skurrilen Gestalt waren einfach nicht so häufig zu beobachten, wie im Jahr zuvor.
Im Sommer vor zwei Jahren, im späten Juli 2018, fand ich sie allerdings häufig im Garten. Vor allem an den bei verschiedenen Wespenarten so beliebten Blüten vom Fenchel und der Kanadischer Goldrute Solidago canadensis war sie täglich zu beobachten. Hier ist ein Foto vom 25. Juli 2018 aus dem Beitrag > vom 28. Jui 2018.
Ich denke, es handelt sich dabei ebenfalls um die Töpferwespen-Art Eumenes coronatus:

2018-07-25 Lüchow, Garten, Kanadische Goldrute (Solidago canadensis) + Töpferwespe (Eumenes) | Veröffentlicht am 2018/07/28 in 'Töpferwespen' von puzzleblume

Als ich noch ein Jahr vorher, im Juli 2017 eine Töpfer- bzw. Pillenwespe zum allerersten Mal hier im Garten beobachtete und – leider weniger deutlich – fotografierte, fand ich sie auf der grossen Wieseninsel, an den Blüten vom Feinstrahl Erigeron annuus. Das gezoomte Bild vom 23. Juli 2017 aus dem Beitrag > Mal wieder einen Blick in den Garten werfen nehme ich wegen des Zeitverlaufs und des plötzlichen Knicks in der Häufigkeit ihres Vorkommens hier trotzdem auch noch einmal auf, damit alle Beiträge in einem Blogartikel zusammen erwähnt und bei einer hoffentlich zukünftigen Gelegenheit im Sommer 2021 leichter wiederzufinden sind:

2017-07-23 LüchowSss Garten (47) Pillenwespe (Eumenes coronatus) | Veröffentlicht 2017/08/29 in 'Mal wieder einen Blick in den Garten werfen' von puzzleblume

Vermutlich haben sich die Bedingungen schon seit 2018 verschlechtert, angefangen beim Mangel an Schmetterlingen bzw. Nachtfaltern und deren Raupen, nicht nur durch landwirtschaftliche Gifte und Tätigkeiten, sondern auch durch Dürre und gesteigerte Hitze. In diesem Sommer fand ich z.B. Tagpfauenaugenraupen nach extrem heissen Tagen mitsamt ihren Nahrungspflanzen, den Brennesseln, ausgetrocknet und tot – sicher kein Einzelereignis.

So können sich auch in ungünstig angebrachten Eumenes-„Töpfchen“ tödliche Hitzeunfälle ereignen, wie ich in einem Link > über die Wärmeeinwirkung auf die Brutzellen von Töpferwespen aus dem Jahr 2018 auf der Webseite des POLLICHIA e.V. Naturkunde- und Naturschutzvereins beschrieben fand.
Ähnliches kann ich mir auch für unseren niedrigen Walmdachboden oder die besonnten Rolladenkästen vorstellen, wo ich die meisten „Töpfchen“ vermute. An Tagen mit Höchsttemperaturen von mehr als +35°C im Schatten, wie sie dieses Jahr sogar tagelang überschritten wurden, kann darin wie in aufgeheizten Autos mindestens die doppelte Hitze entstanden sein, was die Wespenlarven mitsamt ihren Lebendvorräten kaum durchstehen können.

Das war zwar alles in allem eine schwere Ladung, z.T. auch nur spekulativ, aber die Verkettung von Umständen und dominoeffekthaften Folgen beschäftigt mich im Zusammenhang mit den Veränderungen, die selbst innerhalb des Gartenzauns zu beobachten sind. – Die Fotos sind, wie im Text schon erwähnt, Bild 1 vom 25. August 2020, Bild 2 vom 6. September 2019, Bild 3 vom 25. Juli 2018 und Bild 4 vom 23. Juli 2017, alle von mir im Garten aufgenommen, Lüchow im Wendland, Lüchow-Dannenberg, Niedersachsen.

6 Gedanken zu “Über Töpfer- bzw. Pillenwespen und die letzten Sommer

  1. Das Foto ist spitze und zeigt ihre tolle Wespentaille :-) Was du sonst schilderst, ist bedrückend, sogar tote Raupen an vertrockneten Brennesseln, wahnsinn. Und sicher keine Ausnahme. Manche Arten werden verschwinden, dafür kommen dann die aus südlichen Gefilden, die das abkönnen. Ja, diese Ketten sind manchmal kaum überschaubar und doch gibt es so viele Stellen, die drastische Folgen haben können.

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    • Den Nachrückern sollte man manchmal positiver gegenüberstehen, als es momentan noch „gehandelt“ wird. Wenn z.B. Birken an Hitze und Trockenheit sterben, dann ist die vorher so verteufelte Robinie eben nun doch eine von den Guten.

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      • Die ist verteufelt? Ich habe den Eindruck, die wird hier in der Stadt schon länger gehandelt. Die sehen mancherorts noch richtig gut aus. Hier in der Seitenstraße stehen welche, die schwächeln allerdings. Jetzt haben sie Bewässerungssäcke bekommen.

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