Dies ist endlich mein zweiter Beitrag zu den > Zimmerreisen 04/2021 mit H + I!
Über meine Vorliebe für Holz im Wohnraum zu schreiben, aber mir noch genügend hölzerne Dinge für andere Buchstaben übrigzulassen, hat mich eine ganze Weile beschäftigt.
Als Gegenstand habe ich mir daher heute ein kleines Holzbild aus Illmitz im Seewinkel vorgenommen, und es ist wieder einmal ein Stück vom Flohmarkt, mitgebracht aus Neusiedl am See im Burgendland, Österreich. Das Bild hat seinen Platz im Wohnzimmer, in einem Regal, das gegenüber meinem Sofaplatz hängt, so dass ich es täglich ansehe.
Dort steht es neben anderen, hier bereits vorgestellten Dingen wie:
> die schwarze Pacha Mama-Figur mit dem Frosch in der oberen Reihe, oder
> das weisse Drachenei aus der tschechischen Mühle. Gegenüber hängt das grosse, bunte
> Blumenstilleben mit rotem Mohn, über das es auch schon eine Zimmerreise gibt.
Das kleine Bild, dem ich mich heute widme, ist so lang meine Hand vom Gelenk bis zur Mittelfingerspitze und wurde aus dem Holz von Walnussbäumen geschnitzt. Diese sind die markantesten Bäume in den Weingärten oberhalb des Sees, daher transportiert diese Holzart für mich viele Erinnerungen an Spaziergänge.
Ausserdem vermittelt das Relief des Schnitzbildes auf der kleinen Holzfläche zwei weitere, beliebt und vertraute Themen der Pannonischen Tiefebene im nördlichen Burgenland am Neusiedler See:
Der „Puszta-Brunnen“ erinnert daran, dass erst nach einer Volksabstimmung 1921 das Burgenland nicht mehr zum westlichen Teil von Ungarn gehört, sondern zu Österreich. Solche einfachen Brunnen, bei denen mit der Hebelwirkung eines Schwingbaums Wasser geschöpft wird, gelten den meisten als Sinnbild der ungarischen Puszta, man findet sie ebenso im gesamten Steppengürtel Eurasiens und anderswo, aber zur burgenländischen Landschafts-Ausstattung und für die Tourismus-Werbung gehören sie ganz oben auf die Liste der Klischees.
Das zweite Klischee ist eine solche Barockfassade, wie man sie hinter dem Brunnen sieht. Auch nach dem 2000er-Jahr lässt mancher burgenländische Eigenheimbesitzer sich diesen Stil gern bei seinem Neubau mit modernen Mitteln nachahmen. Sogar ein Outletcenter wurde so gestaltet.
Der dargestellte Streckhof mit regionaltypischem Schilfdach in Illmitz, einem Marktflecken am östlichen Seeufer im sogenannten Seewinkel, wurde 1955 bei einem verheerenden Brand ein Opfer der Flammen. Damals brannten ganze Gassen ab, weil das Feuer sich über die grosse Anzahl von Reetdächern rasanter ausbreitete, als die damals nach dem 2. WK. an Ausrüstung und Mannschaft arme Feuerwehr mit der Bekämpfung des Brandes nachkommen konnte.
Eine Andeutung des tragischen Ereignisses findet sich auf der Rückseite des Bildchens. Auf dem mit einer damals noch mechanischen Schreibmascheine beschrifteten Zettelchen steht zu lesen:
„Altes Barockbauernhaus aus Illmitz. (Leider abgebrannt.) Nach einem Bild geschnitzt v.M.Denk aus Apetlon. Gewidmet aus Dankbarkeit und zur Erinnerung. Weihnacht 1961. Der Lehrkörper d.Vsch. Illmitz.“
Wer „M. Denk aus Apetlon“ war, habe ich durch Webrecherche nicht ergründen können, aber der Familienname ist in Apetlon, einer Nachbargemeinde von Illmitz, alteingesessen.
Wem das Bildchen Weihnachen 1961 durch die Lehrerschaft der Volksschule Illmitz überreicht wurde, wird auch im Dunklen bleiben. Ich fand es, wie gesagt, in einer Flohmarktkiste in Neusiedl am See und konnte es nicht wieder dorthin zurücklegen, weil ich Holz eben nicht nur bei Möbeln mag, sonder auch zu verschiedensten dekorativen Gegenständen bearbeitet und am liebsten unbemalt, so dass Maserung und natürliche Farben erkennbar bleiben.
Wer ein ganz ähnliches Haus auf einem Foto sehen möchte, kann sich den Florianihof ansehen, der ebenfalls im Seewinkel-Dorf Illmitz steht > hier. Die kleinen Bilder der Zimmerreise bitte zum Vergrössern anklicken!
Oh ja, so etwas fühlt sich gut an und erweckt so viele Erinnerungen… auch für mich, da ich ja damals auch eine Freundin in Neusiedl am See besuchte, die dort an der ungarischen Grenze geboren wurde. Zu Fuß nach Ungarn über die „grüne Grenze“ zu gehen, war ja nur ein Schritt, und natürlich machten wir das auch…
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Wie schön, dass du dazu eigene Erinnerungen hast, Gisela! Danke 🌸
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😊
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Was für spannende Geschichten sich hinter so einem kleinen Werk verstecken können. Das wäre schon erstaunlich gewesen, wenn du zu dem alten Stück heute im Internet etwas hättest finden können, aber manchmal stößt man ja auf die erstaunlichsten Dinge. Der Florianihof ist ja allerliebst! Eine putzige Mischung, dieser Barockgiebel mit dem Schilfdach, aber auch sympathisch! Ich überlegte eben, ob da Würste vor dem Haus hängen – aber es sind wohl Maiskolben ^^ Sehr interessant, deine „Holzsammlung“.
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Mais, richtig. Dort sagt man Kukuruz. Der war früher ein wichtiges Grundnahrungsmittel.
Den Ursprung mancher Neigungen kann man nicht ergründen, aber ausgerechnet bei Holz und altem, vielbenutzem Eisen wüsste ich es schon gern, woher so ein Spleen kommt. Womöglich irgendwas Eso- / Fantasy-mässiges, mit ererbten Erinnerungen. ^^
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Tja, wer weiß?! Solange du nicht drauf rumkaust ;-) Es ist schon manchmal seltsam, was für Vorlieben man entwickelt. Holz ist ein tolles Material, auch altes Eisen. Über die Form läßt sich streiten :-) Kukuruz habe ich schon mal gehört. Ist das Ungarisch oder Dialekt aus der Gegend?
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Nicht aus dem Ungarischen, sondern aus dem Slawischen: Kaiserin Maria Theresia siedelte im damals viele kroatische Familien an und sicherte ihnen damals Anerkennung ihrer Muttersprache als Privileg zu, weshalb es Gemeinden im Burgendland mit drei nebeneinander amtlich gleichberechtigten Sprachen gibt.
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Das wußte ich noch nicht. Ist ja spannend! Das Ungarische fällt ja eigentlich etwas aus der Reihe mit seinem finnisch-ugrischen Ursprung, sonst hätte ich gefragt, ob es sprachliche Ähnlichkeiten mit den anderen Sprachen dort gibt, aber wer weiß, daß eine oder andere vielleicht?
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Meinst du im Ungarischen Ähnlichkeiten mit anderen Sprachen? Nein. Lehnworte und Fremdworte gibt es natütlich, die man mit sehr viel Phantasie vielleicht erkennnt, aber eher beim Lesen als beim gesprochenen Wort. Der Satzbau ist auch ganz ungewohnt.
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Okay, das leuchtet ein.
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