Das D bietet sich gar nicht so leicht und geschmeidig als Anfangsbuchstabe für ein Zimmerreisen-Stichwort an, wie ich zunächst meinte.
Nach dem > Damhirschgeweih meiner 1. Zimmerreise 02/2021 kam mir für die zweite auch wieder ein ausgefallenes Wort zu einem ungewöhnlichen Gegenstand unter: D wie Daumenklavier .
Vor mehr als fünfzehn Jahre entdeckte ich das kleine Musikinstrument auf einer kleinen Marktveranstaltung mit Kunsthandwerk und kulinarischen Kleinigkeiten aus aller Welt, veranstaltet in Neusiedl am See, im österreichischen Burgenland, wo ich damals wohnte. Als Liebhaberin traditioneller und moderner afrikanischer Musik musste ich das unkomplizierte Musikinstrument unbedingt haben, das binnen weniger Minuten des Klimperns entspannt und heiter machen kann – auf mich jedenfalls wirkt es so.
Darum hat es auch noch Jahre nach dem Umzug nach Norddeutschland seinen griffbereiten Platz, neben einem hölzernen Klangfrosch, auf einem Regal mit einer Reihe von Lieblingsbüchern inne. Auf den drei Fotos sieht man es zuerst von der Seite, dann die gewölbte Unterseite und schliesslich von oben:
„Daumenklaviere“ nennt man diese einfachen Musikinstrumente auf Deutsch, weil man sie meist nur mit den Daumen spielt. Eigentlich tragen sie jedoch afrikanische Namen, denn sie sind in der traditionellen Musik der Länder unterhalb der Sahara beheimatet. Dort gibt es verschiedene Variationen mit einer Vielzahl von Namen. Je nach Region und Sprache nennt man solche, die der Bauweise mit symmetrisch angeordneten Zungen auf einem Brettchen auf einem hohlen Klangkörper wie eine Kürbisschale oder ein Tongefäss meinem Daumenklavier ähneln: Kisanji, Ikembe, Chisanji, Eleke oder Sanza. Sie sind pentatonisch ohne Halbtöne gestimmt und werden polyrythmisch begleitend zum Gesang gespielt, sehr geschwind und kunstvoll, bei aller Einfachheit.
Daumenklaviere zählen zu den Lamellophonen, die wiederum den sogenanten Zupfidiophonen zugeordnet werden, einem weiteren Begriff der > Hornbostel-Sachs-Systemathik zur Klassifikation von Musikinstrumenten, der selbstklingende Musikinstrumente beschreibt, die durch Anzupfen von Zungen zum Klingen gebracht werden.
Ja, das muss man erstmal sacken lassen, aber weil ich damit angefangen habe, geht das auch noch weiter so.
Die Zupfidiophonen unterscheidet man in zwei Kategorien. Die erste besteht aus den bereits erwähnten, stets mit einem eigenen Resonanzkörper und mehreren Lamellen bzw. Zungen ausgestatteten Lamellophonen, die aus Afrika stammen und auch nur über die aus Afrika verschleppten Sklaven in andere Teile der Erde gelangten.
Ob der Schweizer davon wusste, der um 1800 Spieluhren erfand, bei denen kleine Metallzungen über Walzen laufen? Sie tüdeln „Für Elise“ oder andere Melodien und gehören dabei auch zu den Lamellophonen.
Zur zweiten Kategorie gehören die über Asien schon zwischen Spätantike und Frühmittelalter nach Europa gelangten Maultrommeln, bei denen der Musikant das hölzerne oder metallene Instrument an den Mund anlegt und den Kopf zur Resonanz verwendet, wobei Veränderungen des Mundraums die Tonhöhen regulieren.
Irgendwann hatten wir auch mal eine Mautrommel im Haus, aber entweder mag man das Vibrieren an den Zähnen und in den Schädelknochen beim Spielen, oder verabscheut es. Die angenehme Form, das warme Holz des Korpus und die glatten, leicht gebogenen Zungen des Daumenklaviers schmeicheln den Sinnen dagegen auf wirklich angenehme Weise und ich mag es, beiläufig beim Nachdenken damit zu spielen oder weil es schön ist, am Fenster zu stehen, dem Regen oder Schneegestöber zuzusehen und dazu im Rythmus passende Tonfolgen zu erfinden.
Wow, so ein Instrument ist mir noch nie begegnet. Daran hätte ich mit Sicherheit meine Freude.
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Davon bin ich überzeugt. In Deutschland ist auch die Kalimba häufig zu bekommen, da ist die Lamellen-„garnitur“ auf ein Brett gesetzt. Du findest bestimmt etwas.
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Das ist ja eine wunderbare Erfindung!🎵🎶
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Es macht Freude :-)
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Ja, das glaube ich.😊
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Als Kind habe ich mir Gummiringe über Zigarrenkisten oder Konfektschachteln gezogen und darauf „Plingplong“-Musik gezupft, daran erinnerte ich mich, als ich es zum ersten Mal in Händen hatte :-)
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Ohja, das habe ich auch gemacht – wie schön, daran erinnert zu werden!
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😊
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Noch niemahls gesehn, das Daumenklavier, vielen Dank für das teilen.
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Das Daumenklavier (geschweige denn die Einordnung in die Klassifikation von Musikinstrumenten – allein die Wörter :-) ist mir auch unbekannt, ich kann mir aber bestens vorstellen, daß es schön klingt und entspannend ist :-) Ich muß an ein Balafon denken (wie ein Xylophon, nur mit Kalebassen drunter), wenn das auch kein Zupfinstrument ist, aber ich habe den Eindruck, es gibt gerade in Afrika viele warm- und wohlklingende Instrumente, so wie auch der Gesang häufig so warm und harmonisch klingt. Ein interessanter Ausflug und ein genauso interessantes Instrument!
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Die Wörter sind die Schau. Teilweise gehen die Augen überkreuz.
Afrikanische Musikinstrumente sind oft so interessante wie geniale Erfindungen mit schönem Klang, das finde ich auch, und über die Gesänge denke ich auch so.
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Die sind was für Zungenbrecher!
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Auch ich staune: nie gesehen! Danke fürs Präsentieren. Und der „Klangfrosch“ daneben – den erklärst du uns dann unter K, bitte!
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Fein. Vielen Dank, Gerda.
Ich habe den Holzfrosch schon im Sinn :-)
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Der Frosch ist ja witzig!!
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Ein lustiges Perkussions-Spielzeug, und einen Holztick habe ich sowieso.
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Ein Daumenklavier? So etwas gibts? Oh, wenn doch die Flohmärkte und Afrikaläden wieder offen wären, ich möcht jetzt auch ein Daumenklavier! Vielleicht schau ich mal im Internet. Danke für diesen Beitrag, der mich ein bisschen zum Träumen bringt – war es doch immer mein Traum, Klavier spielen zu können, und er hat sich nie erfüllt. Vielleicht ist ein Daumenklavier meine Rettung! 😀
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Klavierspielen hätte ich auch gern richtig gelernt, bzw. eines gehabt, statt nur bei jeder Gelegenheit irgendwo nach Gutdünken herumzuspielen. Daumenklaviere sind leiser bzw. können sogar sehr leise sein und günstiger sowieso. Im Internet sah ich viele Möglichkeiten und etlichen Variationen in verschiedenen Grössen :-)
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